Fake Work: Sinnlose Arbeit erkennen und erfolgreich vermeiden
Blog / 25. Juli 2023 / bei Christoph DrebesInhalt:
Ist "Fake Work" ein Problem für Unternehmen?
Eine Studie nach der anderen zeigt, dass Wissensarbeiter* immer weniger Zeit mit ihrer Hauptaufgabe verbringen. Dies hängt jedoch nicht mit einem Anstieg von Prokrastination am Arbeitsplatz zusammen. Die Gründe liegen oftmals in kleinen, zeitraubenden Aufgaben. Daher sollten Unternehmen genau untersuchen, wo sinnlose Arbeit stattfindet.
Denn sind die Gründe für Fake Work bekannt, können sie und ihre Auswirkungen zukünftig erfolgreich vermieden werden.
Was ist Fake Work?
Der Begriff "Fake Work" bezieht sich auf Aufgaben, die sich zwar produktiv anfühlen, jedoch keinen Mehrwert für das Unternehmen schaffen. Beispielsweise das Schreiben eines Berichts, den keiner liest. Genauso wie die Teilnahme an einem Meeting, bei dem niemand Entscheidungen trifft.
Der Begriff stammt aus einem 2009 veröffentlichten Buch von Brent D. Peterson und Gaylan W. Nielson. Dessen Kernaussage ist, dass die Menschen nicht erkennen, wie viel von der Arbeit, die sie leisten, keinen Einfluss auf die Geschäftsergebnisse hat. Außerdem wird eine weitere Ursache hervorgehoben: Managerinnen* sind sich nicht bewusst, dass sie ihren Mitarbeitern sinnlose Aufgaben zuweisen.
"Fake Work" kann somit als das Gegenteil von "Real Work" definiert werden. Denn Real Work zahlt auf die strategischen Ziele des Unternehmens ein.
Jedoch bedeutet Fake Work nicht, dass eine Mitarbeiterin nicht fleißig arbeitet! Vielmehr geben die Mitarbeiter ihr Bestes, aber an der falschen Stelle. Das Endergebnis ist nicht effektiv für das Unternehmen.
TIPP: Christoph Drebes, CEO von Mystery Minds spricht im Dreikommadrei-Podcast noch tiefergehend über Ursachen und Vermeiden von Fake Work.
Warum ist Fake Work ein Problem?
Fake Work ist ein Phänomen, das sich auf verschiedenen Ebenen eines Unternehmens auswirkt.
Fake Work ist eine Herausforderung für Unternehmen
Fake Work verursacht für Unternehmen unter anderem die folgenden Probleme:
- Projekte brauchen mehr Zeit, um abgeschlossen zu werden, weil die Mitarbeiterinnen durch unnötige Aufgaben immer wieder abgelenkt werden. Das kann ein Unternehmen schlussendlich finanziell belasten.
- Mehrere unstrukturierte Informationsanfragen können dazu führen, dass doppelte Arbeit von mehreren Abteilungen erledigt wird. Das verschwendet sowohl Zeit, als auch Geld.
- Da die Produktivität pro Kopf sinkt, benötigen Unternehmen eventuell mehr Mitarbeiterinnen, um die gleichen Ergebnisse zu erzielen. Dies führt zu einer starken Belastung der Ressourcen.
- Die Abteilungen konzentrieren sich mehr auf die eigenen Ziele als auf das große Gesamtziel des Unternehmens.
Fake Work verursacht Probleme für Managerinnen
Auch für Manager kann es schwierig sein, in einer Arbeitsumgebung, die Fake Work fördert, produktiv zu sein:
- Sie verbringen mehr Zeit in Meetings, so dass ihnen wenig Zeit für produktive Arbeit bleibt.
- Sie fühlen sich vielleicht unter Druck gesetzt, ihre direkten Mitarbeiterinnen im Detail zu überwachen. Dazu gehört auch, dass die Mitarbeiter täglich oder wöchentlich über ihre Fortschritte berichten müssen. Die Managerinnen müssen dann übermäßig viel Zeit mit der Überprüfung dieser Reports verbringen.
- Manager, die für Unternehmen arbeiten, in denen Fake Work überbewertet wird, belohnen manchmal die falschen Mitarbeiterinnen. Sie befördern beispielsweise Mitarbeiter, die gut darin sind, sinnlose Tätigkeiten schnell abzuarbeiten. Diejenigen hingegen, die sinnstiftende Arbeit leisten, werden übersehen.
Es schafft Probleme für Arbeitnehmer
Fake Work kann für Mitarbeiterinnen sehr zeitaufwändig sein. Aber das ist nicht das einzige Problem.
- Fake Work kann Arbeitnehmer demotivieren, da nicht klar ist, wie sich ihre tägliche Arbeit auf das gesamte Unternehmen auswirkt.
- Fake Work macht es den Mitarbeitern schwer, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Stattdessen werden sie regelmäßig für Besprechungen und unstrukturierte Anfragen nach Informationen unterbrochen.
- Fake Work kann den Innovationsgeist und die Experimentierfreudigkeit verringern. Managerinnen können Mitarbeiter beispielsweise dazu bringen, ausschließlich an persönliche Ziele zu denken und nicht an neue Ideen, die die Strategie des Unternehmens unterstützen.
- Die Mitarbeiterinnen treffen dann möglicherweise schlechte Entscheidungen, weil sie den Blick für das Gesamtbild verlieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn Manager Fake Work für wichtiger halten als die langfristigen Ziele des Unternehmens.
Erkennen von Fake Work
In ihrem Buch führen Peterson und Nielson mehrere häufige Anzeichen von sinnloser Arbeit auf.
Diese verschiedenen Beispiele konzentrieren sich auf fünf Hauptbereiche:
- Verknüpfung von Strategie, Arbeit und Ergebnissen. Man kennt die Strategien seines Unternehmens nicht und kann die Ziele des Unternehmens nicht mit seiner täglichen Arbeit verbinden. Der Einzelne kann nicht messen oder definieren, wie wichtig die eigene Arbeit für die Ergebnisse des Unternehmens ist. Wenn man den eigenen Output messen kann, wird man feststellen, dass sinnlose Arbeit keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse des Unternehmens hat.
- Besprechungen, bei denen man seine Zeit und die Zeit anderer verschwendet. Man hält oder nimmt an Besprechungen teil, die keinen klaren Zweck oder kein erwartetes Ergebnis haben. Leute werden zu diesen Besprechungen eingeladen, deren Meinung nicht benötigt wird und die im Grunde nur Zuhörer sind. Oft nimmt man an Besprechungen über Projekte teil, an denen man nicht direkt beteiligt ist.
- Unnötige Informationen weitergeben. Oftmals werden Berichte oder Zahlen bearbeitet oder in Umlauf gebracht, die niemand liest. Man verschickt E-Mails mit mehreren Personen in cc, obwohl nur eine oder zwei Personen die Informationen benötigen.
- Projekte, die aufgrund ihrer geringen Relevanz scheitern. Man arbeitet an Vorschlägen, die gelobt werden, aber nicht realisiert werden, weil sie nur eine geringe Auswirkung auf die Ziele des Unternehmens haben. Man arbeitet an Projekten, die viel Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen, aber keine Unterstützung finden, weil andere die Relevanz nicht sehen.
- Planänderungen nicht konsequent durchziehen. Man sammelt Daten, die zeigen, wie sich die Organisation verändern muss, und hat Strategiesitzungen abgehalten, um sich auf einen neuen Weg zu einigen. Trotzdem wird der Status Quo beibehalten. Jedem ist klar, dass der derzeitige Weg nicht zum Erfolg führen wird, aber die bestehende Arbeitsplatzkultur ist zu unflexibel, um sich zu ändern.
Wie man Fake Work vermeidet
Sinnlose Arbeit ist oftmals das Ergebnis einer Unternehmenskultur, die Produktivität zwar schätzt, aber nicht versteht. Erschwerend kommt hinzu, dass Arbeitnehmerinnen und Manager nicht in der Lage sind, Fake Work zu erkennen. Sie haben auch nicht das Gefühl, dass sie Aufgaben ablehnen können, selbst wenn sie diese als Ablenkung von der echten Arbeit erkennen.
Es gibt vier Schritte, die Unternehmen helfen Fake Work zu reduzieren.
1. Bewusstsein aufbauen
Viele Mitarbeiterinnen erkennen nicht, wenn es sich um Fake Work handelt. Stattdessen halten sie es für einen essenziellen Teil ihrer Rolle. Das kann daran liegen, dass ihr Vorgesetzter die Aufgaben zugewiesen hat und sie es nicht gewohnt sind, Autoritätspersonen zu widersprechen. Es könnte auch daran liegen, dass sie dies in jedem Unternehmen, in dem sie bisher gearbeitet haben, erlebt haben.
Daher besteht in die erste Aufgabe für Unternehmen in der Aufklärung: Sie müssen das Bewusstsein für Fake Work schärfen.
Im vorigen Abschnitt wurde beschrieben, wie man sinnlose Arbeit erkennen kann. Diese genannten Beispiele können in Weiterbildungen mit den Mitarbeitern besprochen werden. Das Wichtigste ist, dass die Mitarbeiterinnen immer verstehen, wie ihre Aufgaben zu den Unternehmenszielen beitragen.
Gleichzeitig müssen Unternehmen sicherstellen, dass alle Mitarbeiter die Strategie und die Ziele des Unternehmens verstehen. Managerinnen sollten möglicherweise transparenter und konkreter auf die Herausforderungen eingehen, vor denen die Firma aktuell steht. Ohne diese Informationen wird es für die Mitarbeiter schwieriger zu erkennen, ob ihre Arbeit mit den Bedürfnissen des Unternehmens im Einklang steht.
2. Kommunikation
Wenn ein Unternehmen es ernst meint mit der Verringerung von Fake Work, kommt es nicht daran vorbei eine Feedbackkultur aufzubauen. Das Management muss nicht nur Feedback anhören, es muss es auch nutzen, um Veränderungen voranzutreiben.
Zu oft ignorieren Vorgesetzte Mitarbeiterinnen, die berichten, dass sich ihre Arbeit sinnlos anfühlt. Sie werden dann viel zu häufig mit ihrem Problem alleine gelassen. Oder die Manager tragen das Feedback in die Führungsebene, wo es abgeheftet wird und in Vergessenheit gerät.
Hier sind einige Schritte, denen Unternehmen folgen können, um eine starke und positive Unternehmenskultur aufzubauen, in der jeder Gehör findet:
- Ein sicheres Umfeld schaffen, in dem Mitarbeiter Fake Work melden können.
- Managerinnen sollten bei der Prioritätensetzung helfen.
- Interne und abteilungsübergreifende Sitzungen abhalten, um Fake Work zu identifizieren.
- Führungskräfte müssen auch bereit sein, Fragen zu sinnloser Arbeit zu beantworten.
TIPP: Kommunikation zwischen den Abteilungen muss nicht zwangsweise formell sein. Mit einem Tool wie Mystery Coffee schaffen Sie auf unkomplizierte und dynamische Art und Weise eine offene Unternehmenskultur!
3. Eliminierung von Fake Work
Sobald man Fake-Arbeit erkannt und Bewusstsein dafür geschaffen wurde, gilt es, sie aus dem Arbeitstag zu streichen:
- Meetings ablehnen. Wenn eine Besprechungsanfrage nicht mit einer klaren Agenda verschickt wird, sollte man die Teilnahme mit genau dieser Begründung ablehnen. Regelmäßige Treffen, sollte man die Häufigkeit überprüfen. Wie oft sind die wöchentlichen Einzelgespräche sinnvoll? Könnte man die Häufigkeit reduzieren oder weniger Zeit dafür aufwenden?
- Auf unnötige Berichte verzichten. Mitarbeiter verlieren sehr viel Zeit der Erstellung von Analysen und Berichten. Doch was ist wichtig und was unnötige Dokumentation?
Berichte können auch im Nachhinein noch erstellt werden, wenn alle Daten sauber abgelegt wurden und klar ist, ob die Analyse tatsächlich benötigt wird. Selbst beim Erhalt automatisierter Berichte, sollte man sich überlegen, ob die Zeit, die man zum Lesen dieser Berichte benötigt, sinnvoll investiert ist. - Für Managerinnen: Konzentration auf die Beseitigung von Hürden, nicht auf zusätzliche Arbeit. Manager sollten ihren Teams helfen, Projekte effizient abzuschließen. Sie sollten keine unnötigen bürokratischen Hürden aufbauen. Stattdessen ist es wichtig ihr Team dabei zu unterstützen, ihre Aufgaben zu optimieren und nach Prioritäten zu ordnen.
4. Regelmäßige Wiederholungen des Prozesses
Die Initiative zur Reduzierung des Anteils von Fake Work am Arbeitsplatz ist keine einmalige Angelegenheit. Trotz bester Absichten schleicht sich die Fake Work mit der Zeit wieder ein.
Neben dem Hinterfragen der Relevanz neuer Aufgaben und Besprechungen ist es hilfreich, ein jährliches Audit der Aufgaben zu planen. Ein Frühjahrsputz kann helfen, Tätigkeiten zu identifizieren, die nicht zur Produktivität beitragen oder diese sogar aktiv behindern. Vielleicht war etwas einmal sinnvoll, ist es aber nicht mehr.
Sinnlose Arbeit so weit wie möglich vermeiden
Es ist unmöglich, jede Art von sinnloser Arbeit zu beseitigen. Es gibt einige bürokratische Abläufe, die zwingend notwendig sind. Sie tragen vielleicht nicht zu den Hauptzielen des Unternehmens bei, bringen aber andere Vorteile mit sich.
Ein Formular, das sich für das Verkaufsteam wie unnötige Arbeit anfühlt, kann für eine schnelle Rechnungsstellung in der Buchhaltung unerlässlich sein. Schnelle und genaue Rechnungen sorgen für zufriedene Kunden, sodass das Verkaufsteam weniger Beschwerden erhält und keine Kunden verliert.
Jedoch kennt nicht jeder die genauen Prozesse der anderen Abteilungen. Deshalb ist es wertvoll, Anfragen zu diskutieren - um zu verstehen, ob etwas wesentlich ist oder nur ein "Nice-to-have". Indem man Fake Work so gut es geht, reduziert, gewinnt man mehr Zeit für produktive Arbeit, tiefgreifende Konzentration und innovative Projekte, die einen echten Unterschied machen.
* Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text abwechselnd die männliche und weibliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben immer auf Angehörige beider Geschlechter.
Über den Autor:
Christoph Drebes
Christoph ist ein Unternehmer aus München und hat Mystery Minds 2016 mitbegründet. Das Unternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Arbeitswelt menschlicher zu gestalten, indem es wertvolle, persönliche Verbindungen zwischen Kolleg:innen schafft. Das remote-only Team arbeitet bereits mit über 250 internationalen Unternehmen zusammen und hilft ihnen dabei, internen Netzwerke zu stärken und die Silo-Mentalität zu überwinden.
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